GOURMET-PALAST AN DER ALGARVE

Sterne-Koch João Oliveira bringt Regionalität und Saisonalität auf eine ganz neue Ebene. Alle drei Wochen ändert er das Menü. Muscheln kommen nur dann auf die Karte, wenn das Zusammenspiel von Ebbe und Flut im Atlantik ideal ist. Mit diesem Qualitätsanspruch hat er das VISTA im Fünf-Sterne-Hotel BELA VISTA - ein Haus der renommierten Hotel- und Restaurantvereinigung RELAIS & CHATEAUX - zu einem Gourmet-Palast an der Algarve gemacht.

Bevor João Oliveira mit seinen minimalistischen Kreationen verwöhnt, steigen wir die schmalen Treppen in seine heiligen Hallen hinab. Ein Ritual, in dessen Genuss jeder Gast im VISTA Restaurant des Luxus-Hotels BELA VISTA in Portugal kommt. Die vielen MICHELIN-Auszeichnungen an der Wand, lassen schon erahnen, worauf sich verwöhnte Gaumen hier freuen dürfen. In der Küche, die sich direkt unter dem Restaurant befindet, herrscht bereits reges Treiben – bei gefühlt 35 Grad Raumtemperatur.

Der Sterne-Koch selbst feilt gerade an Gang 4 – Languste mit Blumenkohl und Salzpflanze. Dieses Gericht veranschaulicht perfekt, wofür seine Küche steht. Denn auf den gereichten Tellern befinden sich in der Regel nur 3 Zutaten. „Man könnte sagen, dass meine Kreationen sehr puristisch und natürlich sind“, erklärt der Chef. Salz versucht er beispielsweise mit anderen Lebensmitteln zu ersetzen. Alles was, unserem Körper nicht guttut, verbannt der Portugiese aus seinen Gerichten – so etwa auch tierische Fette. Warum ihm das ein wichtiges Anliegen ist, erklärt er ausführlich in unserem Interview (siehe unten).

An Raffinesse mangelt es allen zehn Gängen keineswegs. Selbst auf den ersten Blick einfach wirkende Gänge wie Tomaten verleiht João Oliveira eine ganz besondere Note und verstärkt anhand von natürlichen Essenzen den Geschmack. Die Inspiration für seine Menüs kommt dem Maître de Cuisine quasi von ganz alleine. „Die Natur zeigt mir auf, was ich koche“, sagt der Sterne-Koch bescheiden. Demzufolge könnte man seine Küche auch als Hommage an Portugal beschreiben. Zum Dessert wird ein für die Region typisches Orangenbäumchen auf den Tisch gestellt. Zwischen den Blättern verstecken sich zwei Pralinen in Form von kleinen Orangen. Perfekter hätte der Abschluss nicht sein können.

Seit 2015 ist João Oliveira Küchenchef des MICHELIN-prämierten Restaurants VISTA.

INTERVIEW MIT JOÃO OLIVEIRA

Wie würden Sie Ihre Küche beschreiben?

Ich arbeite seit 7 Jahren im VISTA. Jedes Jahr habe ich versucht, das Konzept weiterzuentwickeln. Mittlerweile arbeite ich nur noch mit Gemüse, Meeresfrüchten und Fisch. Seit drei Jahren verwende ich kein Fleisch mehr. Ich finde, dass jeder Koch seine eigene Handschrift braucht, genau wie bei Malern auch. Bis auf das Brot gibt es in meinen Gerichten auch keine Kohlenhydrate, genauso wenig wie Laktose, Gluten, oder tierische Fette. Man könnte sagen, dass meine Küche sehr puristisch und natürlich ist. Außerdem versuche ich ganzheitlich zu kochen. Das heißt, ich verwende die unterschiedlichsten Teile eines Fisches oder Gemüses. Aus den Fischknochen oder der Haut mache ich beispielsweise eine Brühe für die Soße. Und auch der Stil eines Blumenkohls landet bei mir nicht im Müll, denn er eignet sich wunderbar für ein cremiges Püree. Man braucht für ein vollkommenes Gericht keine 20 Zutaten, wenn man alle Teile eines wirklich guten Produkts verwendet, reichen auch nur drei.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Form von Regionalität und Saisonalität?

Eigentlich dreht sich in meinen Menüs alles darum.  Zweimal die Woche gehe ich auf den fünf Kilometer entfernten Markt, um Gemüse und Kräuter für meine Menüs zu kaufen. Wir bekommen so bessere Produkte und der Gast am Ende ein hochwertigeres Essen. Auch wirtschaftlich macht es Sinn, da Produkte aus der Region nicht nur erstklassig sind, sondern auch günstiger als importierte Ware. Ich verwende die Zutaten nur dann, wenn sie optimal sind. Karotten sind nicht das ganze Jahr über gleich gut. Nur in einem Zeitfenster von ein paar Wochen haben sie die beste Qualität. Bei Äpfeln verhält es sich ähnlich.

Für seine Menüs verwendet er ausschließlich Fisch, Gemüse und Obst aus der Region.

 

Demzufolge müssen Sie Ihre Menüs sehr oft ändern…

Das ist richtig. Alle 2-3 Wochen um genau zu sein. Für mich wäre alles andere undenkbar. Ich brauche die Veränderung und den Druck. Das motiviert mich.

 

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?

Ich kann zum Glück auf meine Erfahrung zurückgreifen. Die letzten sieben Jahre habe ich mich intensiv mit saisonalen Produkten beschäftigt. Dadurch kommen die Ideen von ganz alleine. Ich schaue mir beispielsweise die Wassertemperatur des Atlantiks an. Dadurch weiß ich, welcher Fisch aktuell am besten ist. Wenn wir in der aktuellen Woche mehr Sonne haben und das Meer wärmer ist, verwende ich in der darauffolgenden keine Muscheln oder Austern mehr. Wenn die Ebbe zu lange andauert, ist das Seafood länger der Sonne ausgesetzt. Dadurch ändert sich die Qualität und die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass die Muscheln verunreinigt sind. Die Natur zeigt mir also auf, was ich koche. Die restliche Inspiration bekomme ich beim Fahrradfahren. Ein- bis zweimal die Woche mache ich das als Ausgleich. Am nächsten Tag gehe ich dann auf den Markt und kaufe die Zutaten für das, was ich mir so beim Fahrradfahren ausgedacht habe.

 

Wie viel Prozent der Produkte, die Sie verwenden stammen aus Portugal?

Um die 85 %. Nur Kaviar, Champagner, Schokolade und je nach Menü vielleicht noch 1-2 spezielle Zutaten werden importiert.

 

Die portugiesische Küche steht generell eher für Bodenständigkeit. Sie zeigen jedoch eine ganz andere Facette. Entwickelt sich die Haute Cuisine erst in Portugal?

Ich mache diese Art von Küche aus einer persönlichen Überzeugung. Gäste erleben im Restaurant meine Ideologie. Seit fünf Jahren entwickelt sich hier im Land eine neue Generation von Köchen. Es entstand eine neue Mentalität.

 

Zur flambierten Languste gesellt sich Blumenkohl in drei verschiedenen Variationen.

 

Kann Portugal kulinarisch gesehen vielleicht sogar das neue Frankreich werden?

Nein, dafür ist die Mentalität zu unterschiedlich. Ich würde sagen, in Frankreich ist man sehr stolz auf das, was man hat und zeigt das auch voller Überzeugung. In Portugal sind die Menschen deutlich bescheidener. Die französische Sterne-Küche hat eine lange Tradition, hier ist die Haute Cuisine noch sehr jung, doch sie entwickelt sich sehr schnell. Auch in Spanien tut sich in dieser Richtung gerade sehr viel. Für mich ist Spanien weltweit kulinarisch momentan der interessanteste Ort.

 

Woher haben Sie Ihre Leidenschaft fürs Kochen?

Ganz einfach gesprochen, war es mein Schicksal, Koch zu werden. Da es meinen Großvater gesundheitlich nicht gut ging und meine Großmutter Diabetes hatte, habe ich schon mit elf Jahren meiner Mutter geholfen, für sie zu kochen. Meistens Gemüse-Suppe.

 

Daher legen Sie so großen Wert auf eine gesunde Ernährung?

Das hat vorwiegend einen anderen Grund. Vor fünf Jahren hatte ich aufgrund des Stresses ein Magengeschwür. Daher habe ich meine Ernährung komplett umgestellt. Kein Fleisch mehr. Kein Fett. Keine Milch. Kein Gluten. Heute habe ich keinerlei Beschwerden mehr. Diese positive Erfahrung wollte ich weitergeben. Daher habe ich zeitgleich mit meiner Ernährung auch die Identität des VISTA verändert.

Die heutige Bar diente der Handels-Familie damals als Küche. Die Holztüren und Holzdecken stammen noch aus dem Jahr 1918.

 

Rezept: Tomaten-Salat

 

Der scheinbar simple Tomaten-Salat ist eine Geschmacks-Explosion.

 

 

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